Im Eingangsbereich der Jugend-Akademie „La Masia“ hängen zahlreiche Bilder von Super-Stars wie Andrés Iniesta (40) oder Xavi (44), die aus der Talentschmiede des FC Barcelona stammen und 2010 mit Spanien Weltmeister wurden. Künftig soll auch Lamine Yamal (17) dort verewigt werden. Der Shootingstar von Barça wurde vorige Woche zum besten Youngster im Welt-Fußball gewählt. Es war das i-Tüpfelchen für Spanien – die Supermacht im Welt-Fußball.
Die Iberer sind amtierender Europameister, Nations-League- und Olympiasieger. Sie stellen mit Rodri (28) von Manchester City den frisch gekürten Ballon-d’Or-Sieger. Real Madrid ist aktueller Champions-League-Sieger, die drei Meistertrainer in den führenden Fußball-Nationen England, Deutschland und Frankreich sind ebenfalls Spanier: Pep Guardiola (53/Manchester City), Xabi Alonso (42/Leverkusen) und Luis Enrique (54/Paris Saint Germain).
Jordi Font (54), der Lamine Yamal in der Jugend bei Barça trainierte und förderte, sagt: „Uns spielt zum Beispiel das gute Wetter in die Karten. Die Jungs können fast das ganze Jahr draußen Fußball spielen, bis spät am Abend – in den Vereinen, auf der Straße. Das sorgt dafür, dass die Kinder nicht vor dem Fernseher, dem PC oder am Handy hängen, sondern kicken. Wenn es in Deutschland Winter ist, kicken deutlich weniger draußen.“
Die Auswahl an Talenten – vor allem Straßen-Fußballern – ist in Spanien riesig. Beispiel FC Villarreal, dessen Akademie gehört neben denen von Barça, Real Madrid und dem FC Valencia zu den vier größten des Landes.
Dort ist der Deutsch-Spanier David Karg (31) Nachwuchs-Koordinator. „Bei uns ist es so, dass wir ganz großen Wert darauf legen, dass die Jungs ab der U12 bestens betreut werden. Bis zu acht Trainer pro Mannschaft kümmern sich um die Kinder, darunter Ex-Fußballer, Pädagogen, Psychologen, Athletiktrainer. Es wird viel in kleinen Gruppen oder nur mit einem Spieler allein gearbeitet, dazu positions-spezifisch. Wie verhält sich ein rechter Verteidiger in der Defensive, in der Offensive? Wie kann er sich die eine Sekunde Vorsprung verschaffen – gedanklich beim Erkennen der Spiel-Situation, beim Pass-Spiel, Dribbling oder Tor-Abschluss?“, erklärt Karg.
Vorbild-Charakter im Nachwuchs-Fußball habe vor allem die Region Katalonien, sagt Spanien-Kenner Tim Stegmann (35/zwei Master-Abschlüsse bei Real Madrid und dem FC Barcelona): „Dort gibt es extrem viele Jugendspieler, eher kleine Plätze, ab der U12/U13 wird elf gegen elf gespielt, mit maximaler Sieg-Orientierung. Das führt dazu, dass die Trainer taktisch und die Jungs spielerisch-technisch viele Lösungen finden müssen, um zu gewinnen. So werden quasi alle gezwungen, besser zu werden.“
Eine Art der besonderen Erziehung wird bei Real Madrid praktiziert. Im Jugendbereich gibt es keine festen Rückennummern. Der Linksverteidiger trägt – wenn er von Anfang spielt – die drei. Sitzt er die Woche drauf auf der Bank, bekommt er die 13 oder 14. So sollen die Talente hungrig bleiben, sich ihre Nummer erkämpfen.
Stegmann nennt weitere Maßnahmen: „Beim FC Valencia gilt: Ist ein Spieler nicht im Aufgebot, kommt er garantiert beim folgenden Spiel in den Kader. Selten sitzt ein Kind zwei Spiele hintereinander draußen. Genauso selten spielt ein Kind zwei Spiele hintereinander durch.“
Und weiter: „Im Baskenland gibt es eine Verbandsvorgabe: Wenn ein Spieler nicht mindestens 20 Minuten eingesetzt wird, gilt das Spiel als verloren.“ So sollen die Kids bei Laune gehalten werden – und es soll verhindert werden, dass sie aufgrund von Enttäuschungen hinschmeißen. Auch die Hallenfußball-Variante Futsal kann in der Ausbildung eines Spielers eine Rolle spielen.
Viele Vereine sind angewiesen auf eine starke Jugend-Arbeit in der Region, oft aus finanziellen Gründen – und auch aus Lokal-Patriotismus. Bilbao setzt nur auf baskische Spieler, die eine andere Schule durchlaufen als in Madrid oder Barcelona: Neben technischen Fertigkeiten wird auf körperliche Robustheit Wert gelegt.
Spanien ist auch im Frauenfußball führend. Welt-Fußballerin ist Aitana Bonmatí (26), die in Vilanova i la Geltrú (Provinz Barcelona) geboren wurde und für Barça spielt. DFB-Kapitänin Giulia Gwinn (25) sagt: „Man hat auf dem Platz den Eindruck, dass die Spanierinnen im Kopf oft schon zwei, drei Schritte weiter sind. Das fühlt sich sehr eingespielt an. Schon in den Nachwuchsturnieren waren die Spiele gegen Spanien immer die schwersten.“
Der Verband stellte die Nachwuchsförderung auf das erfolgreiche Männer-System um: viele regionale Wettbewerbe mit intensiver Sichtung, frühe taktische und technische Förderung. Schon 13 Jahre alte Mädchen haben stundenlanges Taktik-Training. Zudem wurden die vielen guten Trainertalente auch in den Frauenfußball beordert. Das Land ist seit 2023 auch amtierender Frauen-Weltmeister.
Klar ist: So schnell wird keiner die Supermacht Spanien stoppen!