Chronique «Mon Bayern» – Le professeur secret de Musiala


„Meine Bayern“ heißt die Kolumne von SPORT BILD-Reporter-Legende Raimund Hinko, die sich mit dem deutschen Rekordmeister befasst. Hinko begleitet den FC Bayern seit Jahrze[–>hnten.

[–>Lieber Jamal Musiala,

ich würde es Notwehr nennen, diese Tore, die Du zuletzt – nein, nicht geschossen – sondern reingezaubert hast, sogar mit dem Kopf. In Deiner Zeit als Schüler bist Du in England zwar oft auf steinharte Asphalt-Böden geknallt, also durch eine knallharte Schule gegangen und dabei abgehärtet worden. Doch irgendwann mit jetzt 21 hast Du gemerkt, dass es nicht gut gehen kann, wenn Du in der Bundesliga von Gegnern, die Angst haben, von Dir blamiert zu werden, noch vor dem ersten Ballkontakt gefällt wirst. Das nahm inflationär zu. Wie zuletzt, als Dich eine Hüftprellung legte.

Und so ist eben der neue Jamal Musiala entstanden. Nicht mehr der Dribbel-König, sondern das Kopfball-Ungeheuer, wie beim 1:0 über Benfica Lissabon. Oder der Weit-Schuss-Schütze wie beim 1:0 gegen St. Pauli, der die Reeperbahn erzittern ließ.

Also, sosehr ich hoffe, dass Du uns als Dribbler erhalten bleibst, weil dies ein Alleinstellungsmerkmal ist, in dieser extrem eleganten, schlangenhaften Form unerreicht in Deutschland, vielleicht sogar in Europa, so unglaublich ist die Entwicklung, die Du zuletzt genommen hast. Hartnäckig hält sich in München das Gerücht, dass Du bei Hermann Gerland, dem langjährigen Co-Trainer der Bayern, dem Kult-Trainer Nachhilfe genommen hast. Gerland, dem Meister des Kopfball-Pendels, das so vielen Kollegen zeitlebens ungeheuerlich erscheint. Auch weil es weh tut, wenn man mit der Stirn nicht richtig trifft. Manche haben sogar Angst davor, sich die Nase zu brechen.

„Natürlich war ich mit Jamal am Kopfballpendel“, bestätigte mir Gerland. „Zu Zeiten von Hansi Flick. Allerdings müsste er da noch viel, viel öfter ran, um auch im Kopfball zum Schrecken der Abwehrspieler zu werden.“

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Quelle: BILD

Du lernst unheimlich schnell, lieber Jamal Musiala. Kopfball bei Gerland. Oder wie vergangene Woche Weitschüsse bei Vincent Kompany. Das lässt hoffen auf noch mehr. Vielleicht auf Schüsse mit dem Außenrist, wie sie Franz Beckenbauer schoss. Auf Tore im Liegen, wie wir es in den 70ern bei Gerd Müller erlebt haben. Wie Fallrückzieher, für die der Name Klaus Fischer steht. Links so stark wie rechts, wie es Andi Brehme beherrschte. 50-Meter-Pässe wie es Günter Netzer zelebrierte. Ich will nicht zu weit ausholen – doch Pele, vielleicht der Größte, hat den Ball mit der Hacke notfalls über sich selbst gehoben. Zinedine Zidanes Übersteiger wäre auf den Plätzen der Bundesliga auch nicht schlecht.

Alles kannst, alles darfst Du noch lernen, lieber Jamal. Du bist ja erst 21. Doch lass bitte die Hand Gottes weg, dieses berühmt-berüchtigte Tor von Diego Maradona bei der WM 1986 im Viertelfinale gegen England, als er, für den Schiedsrichter verdeckt durch sein Gesicht, mit der Hand das 1:0 „köpfte“. Jederzeit dagegen ist Maradonas Tor zum 2:0 im selben Spiel erlaubt, als er nach einem Solo über 60 Meter traf. Das, Jamal, hast auch Du locker drauf.

Ich höre weiter gerne dem großen Talent-Förderer Gerland zu, der sagt: „In Jamal Musiala schlummert noch unendlich viel Potenzial. Er kann einer der besten Spieler der Welt werden, jedoch nur unter einer Voraussetzung – er muss von großen Verletzungen verschont bleiben.“

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Womit wir wieder bei den Schiedsrichtern wären. In den 70ern hat Beckenbauer für den jungen Karl-Heinz Rummenigge lauthals gefordert, er müsse besser geschützt werden, damit er nach einem seiner Dribblings nicht im Krankenhaus landet. Da sind jetzt alle gefordert, lieber Jamal. Vielleicht am besten Bundestrainer Julian Nagelsmann diese Woche bei der Nationalmannschaft. Oder wie DFB-Direktor Rudi Völler, der die schlimmsten Fouls überlebt hat.

Gegen noch mehr Notwehr-Maßnahmen, lieber Jamal Musiala, hat niemand etwas einzuwenden. Denn sie landen meist im Tor.



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