Der Tag danach. Nach Alba Berlins 82:87-Niederlage in Bamberg. Nach der vierten Niederlage im sechsten Spiel. Nach Platz 16 in der Basketball-Bundesliga-Tabelle. Und nach der schweren Verletzung von Justin Bean (27).
Es ist die größte Alba-Krise der letzten 25 Jahre, mindestens. Das belegt auch ein Blick auf die Tabelle. Seit der Saison 1999/00 standen die Berliner am 6. Spieltag zehnmal auf Platz 1., viermal auf Platz 2. Insgesamt war Alba in den letzten 25 Jahren 21 Mal unter den Top 5 nach sechs Spieltagen. Die schlechteste Platzierung bisher: Platz 13 (21/22). Platz 16? Gab es noch nie. Bis jetzt.
Die Situation ist so ernst, dass selbst dem sonst sehr ruhigen Isländer Martin Hermannsson (30) nach dem Match in Bamberg der Kragen platzte. „Es ist schwer zu reparieren. Ich bin mit vielen Sachen nicht glücklich. Wie wir spielen, über große Strecken des Spiels. Dazu mangelnder Fokus. Ich bin extrem angepisst im Moment“, so der Point Guard.
Doch wo liegt die Ursache der Alba-Krise?
Die Ausfälle:[–> Klingt nicht sexy. Sie sind aber nicht mehr zu kompensieren. Beim Spiel in Bamberg fehlten fünf Stammspieler. Yanni Wetzell (28/ Daumen), Matt Thomas (30/ Knie), Matteo Spagnolo (21/ krank), Malte Delow (23/ Gehirnerschütterung), Khalifa Koumadje (28/ suspendiert). „Es ist wie bei einem Auto mit sechs Zylindern. Wenn dir ein Zylinder ausfällt, läuft der Wagen noch ganz passabel. Aber unser Motor läuft derzeit nur mit einem oder zwei Zylindern“, erklärt Sportdirektor Himar Ojeda. „Und damit kannst du in der BBL nicht gewinnen. Und in der Euroleague erst recht nicht.“
Zumal die verfügbaren Spieler wie Gabriele Procida (21) und Ziga Samar (23) aus monatelangen Verletzungen zurückkommen und noch gar nicht im Rhythmus sein können. Zusätzlich fielen zuletzt auch noch Tim Schneider (27/ Augen-OP), Jonas Mattisseck (24/ Rücken) und Trevion Williams (24/ krank) aus.
Die Perspektive? Kurzfristig ist wohl nur mit Malte Delow (23), der in Bamberg bereits wieder auf der Bank saß, und Matteo Spagnolo zu rechnen. Matt Thomas und Yanni Wetzell brauchen noch Wochen, bis sie dem Team wieder auf dem Court helfen können. Die Situation mit Koumadje steht vor einer Klärung. Da könnte bereits in dieser Woche eine Entscheidung fallen.
Der Kader:[–> Alba hat den Spieler-Etat nicht erhöht. „Wir konnten ihn halten“, bestätigte Geschäftsführer Marco Baldi (62) auf SPORT-BILD-Nachfrage. Doch während andere Teams aufrüsten, stagniert das Budget in Berlin. Hauptgrund: die Miete in der Uber Arena. Baldi deutlich: „Das geht auf Kosten unserer Wettbewerbsfähigkeit. Aber wir werden auch weiterhin nur das ausgeben, was wir auch einnehmen. Das bleibt unser kaufmännischer Grundsatz.“
Hinzu kommt: Die Abgänge von Weltmeister Johannes Thiemann (30) und US-Star Sterling Brown (29) konnten mit Trevion Williams (24) und Will McDowell-White (26) nur zum Teil kompensiert werden. „Wir werden etwas Glück brauchen“, mutmaßte Baldi schon im September.
Und so hat der Kader eine gewisse Unwucht. Sind alle Spieler an Bord, ist Alba ein Top-Team, zumindest in der BBL. Doch auf der Center-Position war Alba bereits vor der Koumadje-Suspendierung sehr dünn besetzt. Mehr war finanziell aber nicht drin. Trotzdem will der Vize-Meister jetzt noch mal aktiv werden.
„Wir reden intern darüber“, bestätigt Himar Ojeda. „Aber wir haben noch nie etwas Kurzfristiges gemacht. Es muss Sinn machen und darf kein Aktionismus sein. Denn ein neuer Spieler braucht ja auch ein, zwei Monate, bis er wirklich integriert ist und helfen kann.“
Der Spielplan:[–> Er wird nicht besser. Im Gegenteil. Donnerstag geht es in Belgrad weiter. Der Auftakt für fünf Spiele in zehn Tagen. „Es wird schlimmer und schlimmer“, sagt Ojeda mit Blick auf die Spielpläne in der Euroleague und BBL. „Wir versuchen alles, um es zusammenzukriegen.“ [–> [–>
Ojeda hat den Glauben an sein Team nicht verloren: „Wir kämpfen uns da jetzt durch, hoffen, dass es nicht schlimmer wird. Und wenn alles gut läuft, wird unser Motor Ende Dezember wieder funktionieren und auf fünf oder sechs Zylindern laufen.“
Doch bis dahin stehen in den nächsten 55 Tagen noch 19 Spiele in der Euroleague, BBL und im Pokal auf dem Spielplan. Bedeutet für die Alba-Fans: Es ist noch viel Geduld erforderlich, bis ihr Team wieder in den oberen Regionen zu finden ist …