Er war einer der besten deutschen Rückraum-Linkshänder, holte 1984 Olympiasilber in Los Angeles, holte als Trainer des HSV Handball mit seinem Team den Titel in der Champions League.
Seit Oktober ist Martin Schwalb (61) als Coach des HC Erlangen zurück in der Daikin Handball-Bundesliga. Sonntag (15 Uhr, live bei WELT TV, BILD.de, SPORTBILD.de und Dyn/Anzeige) kehrt er mit den Mittelfranken an die alte Wirkungsstätte zurück. Das Interview.
Herr Schwalb, im Juli 2014 erlitten Sie einen Herzinfarkt. Ist der Trainerposten beim Abstiegskandidaten HC Erlangen vor dem Hintergrund nicht ein Gesundheitsrisiko?
Martin Schwalb:[–> Überhaupt nicht. Ich mache meine regelmäßigen Checks, und das ist gut so. Das kann ich übrigens jedem Mann nur empfehlen, auch wenn er noch keine Vorerkrankung hatte. Wir haben nur ein Leben! Ich habe da überhaupt keine Probleme auf der Bank. Gott sei Dank ist ja alles gutgegangen. Ich habe noch meine Stents, die mir damals im richtigen Moment eingesetzt worden sind.
Tragen Sie während des Spiels eine Uhr, die Ihren Puls oder die Herzfrequenz misst?
Nein, nein. Ich will mich nicht ständig kontrollieren. Da wirst du ja irre. Vielleicht hole ich mir mal so eine iPhone-Uhr. Aber wenn meine Spieler mal wieder so viele Bälle wegwerfen wie zuletzt bei der Niederlage gegen Wetzlar, dann falle ich einfach um. (lacht)
Vor 26 Jahren haben Sie Ihre erste Trainerstation bei der SG Wallau/Massenheim angetreten. Was ist heute der größte Unterschied zu damals?
Die Schnelligkeit des Spiels. Und auf allen Positionen sind die Spieler heutzutage besser ausgebildet. Und es gibt deutlich mehr Eins-gegen-eins-Situationen. Das sieht man vor allem beim SC Magdeburg. Gefühlt gehen sie pro Angriff 300-mal ins Eins-gegen-eins.
Mit 61 darf man schon zaghaft an die Rente denken. Sie haben stattdessen ein neues Traineramt übernommen. Haben Sie noch nicht genügend beiseitegelegt?
Genau, ich muss mir die Rente noch verdienen und möchte gern noch was zum Bruttosozialprodukt beitragen. Nein, die Motivation ist, dass es mir immer noch wahnsinnig Spaß macht, Trainer zu sein. Auch weil ich glaube, dass ich noch etwas bewirken kann. Es hat jetzt einfach gepasst.
Dennoch: Welchen Schwierigkeitsgrad hat Ihre Mission in Erlangen, wenn Sie auf Ihr Lebenswerk zurückblicken?
Normal. Es war auch nicht gerade einfach, 2011 mit dem HSV Meister zu werden und am THW Kiel vorbei zu müssen. Und wenn du punktgleich mit denen oben standest und zu hören bekamst, dass alles Scheiße war, weil das Ziel nicht erreicht worden ist, dann ist das auch kein Zuckerschlecken. Ich bin Leistungstrainer, von daher ist für mich kein Job einfach.
Beim HSV waren Sie von 2005 bis 2014 mit einem Jahr Unterbrechung Trainer, gewannen die Meisterschaft, den Pokal, den Europacup der Pokalsieger, die Champions League und waren dort acht Jahre Vizepräsident. Mit welchem Gefühl reisen Sie an diesem Sonntag zum Spiel nach Hamburg?
Mit großer Vorfreude. Viele Freunde von mir haben sich Karten besorgt, und ich freu mich, dass ich sie alle sehen kann. Und ich freu mich auf die Fans!
Sie reisen mit dem HC Erlangen sicher am Vortag an. Schlafen Sie dann in Ihrem Haus in Hamburg-Poppenbüttel?
Natürlich schlafe ich mit der Mannschaft im Hotel.
Welche Rolle spielt es in der Partie, dass Sie die HSV-Mannschaft aus dem Effeff kennen?
Natürlich weiß ich einige Dinge, die sie schon seit Jahren machen. Ob das ein Vorteil ist, weiß ich nicht. Ich möchte meine Mannschaft aber auch andererseits nicht mit Detailwissen zum Gegner überfrachten.
Der HC Erlangen ist mit aktuell zwei Punkten in akuter Abstiegsgefahr. Was stimmt Sie optimistisch, dass Sie die Klasse halten?
Dass wir eine starke Truppe sind, die sich Stück für Stück entwickelt, wo jeder für den anderen fightet. Wir werden uns die Punkte schon noch holen.
Sie kommen ursprünglich aus Baden-Württemberg. Sollte es in Erlangen wie von Ihnen erhofft weitergehen, könnten Sie sich vorstellen, Ihren Lebensabend in Süddeutschland zu verbringen?
Wissen Sie, was das Schöne ist? Dass wir das zu gegebener Zeit in aller Ruhe entscheiden können. Unsere Kinder sind groß, meine Frau und ich fühlen uns im Norden genauso wohl wie im Süden. Wir lassen es einfach auf uns zukommen.