Auf die Musik in der Kabine freut sich Christian Wück (51) schon besonders. Der neue Bundestrainer der deutschen Fußballerinnen hatte im Winter noch die U17 der Männer zum WM-Titel geführt, musste dabei meist Gangster-Rap ertragen. An diesem Freitag feiert er sein Debüt bei den Frauen. Mit einem Test gegen England in Wembley – und ganz neuen Tönen.
„Bei meinen U17-Jungs war es musikalisch sehr schwierig für mich. Ich war sehr erfreut, als ich hörte, dass die Mädels in der Kabine Ballermann-Hits und Schlager gespielt haben“, sagt der Fan deutscher Musik, der das Gesicht der DFB-Elf verändern will.
Am kommenden Montag verabschieden sich in Duisburg gegen Australien mit Kapitänin Alexandra Popp (33), Torhüterin Merle Frohms (29) und Abwehrchefin Marina Hegering (34) prägende Spielerinnen aus der Nationalelf. „Wir brauchen einen Umbruch“, sagt Wück, der daher die nächsten „vier Spiele nutzen will, damit sich Spielerinnen international zeigen können.“
Das Casting für die EM im nächsten Sommer beginnt!
So holt Wück schon viele neue Gesichter. Die Frankfurterin Lisanne Gräwe (21) gilt als die kommende Strategin des deutschen Fußballs. Die Hoffenheimerin Selina Cerci (24) und die Leipzigerin Giovanna Hoffmann (26) haben das Zeug, neue Torjägerinnen zu werden. Weitere Talente sollen folgen.
Dass der Kader aber noch keinen Komplettumbau bekommt, liegt auch daran, dass sich Wück bei der ersten Zusammenkunft die etablierten Spielerinnen aussuchen möchte, die unter ihm Führungsrollen einnehmen sollen. „Ich möchte die Spielerinnen neben dem Platz kennenlernen – sehen, wie sie sich in Besprechungen geben, ob sie das Wort ergreifen“, sagt der Trainer.
Daher sichert er Münchens Führungsspielerin Giulia Gwinn (25) die Kapitänsbinde nur für die nächsten vier Spiele zu. Danach möchte sich Wück über die neue Hierarchie im Klaren sein – und möglicherweise auch Ämter neu verteilen. Und er will weitere wichtige Eindrücke: Ob Wolfsburgs Janina Minge (25) beispielsweise auch die Abwehr der Nationalelf führen kann. Ob Bayerns Linda Dallmann (30) die Strategin der Offensive wird. Oder ob die Frankfurterin Nicole Anyomi (24) als Knipserin in Popps Fußstapfen tritt.
Wück möchte nicht alles über den Haufen werfen. „Es wird vieles gleich bleiben, sich aber auch vieles verändern. Wir wollen weiterführen, was Horst Hrubesch aufgebaut hat, wie er mit den Spielerinnen umgegangen ist. Seine Art der Kommunikation ist nah an meiner.“ Aber dennoch steht alles auf dem Prüfstand. In seiner Antrittsrede vor den Spielerinnen sagte Wück: „Es herrscht das Leistungsprinzip. Jede muss auf dem Punkt da sein und zeigen, dass sie ihre Leistung abrufen kann.“
Wück will dominanten und überraschenden Fußball sehen. „Das Ziel ist es, unsere Idee auf den Platz zu bringen und dass sich der Gegner nach uns richten muss“, sagt der frühere Bundesliga-Profi (Nürnberg, Karlsruhe, Wolfsburg): „Wir wollen den Spielerinnen Mut geben. Wir wollen nicht berechenbar sein. Spiele werden oft von Einzelnen entschieden. Es kommt auch auf Verrücktheit an.“
Die Ziele sind hoch. Wück will 2025 den EM-Titel. „Aber vor allem möchte ich, dass die Mannschaft davon überzeugt ist, dass sie Europameister werden kann. So müssen wir das Team hinbekommen“, sagt der Bundestrainer – und würde sich sehr über eine Pokal-Party mit deutschen Schlagern freuen.