Unfassbares Basketball-Drama im BBL-Pokal.
Zweitligist Hakro Merlins Crailsheim steht vor der Sensation, kann Vize-Meister Alba Berlin aus dem Wettbewerb werfen. Doch Tyreese Blunt (22) versagen an der Freiwurf-Linie komplett die Nerven …
Das ist genau passiert: 1,6 Sekunden auf der Uhr, Crailsheim liegt 74:75 hinten. Mit der letzten Aktion bekommt Blunt gleich drei Freiwürfe, weil ihn Albas Yanni Wetzell beim Dreier-Versuch gefoult hatte. Trifft er nur zwei davon, ist der Sieg perfekt. Trifft er wenigstens einen, geht’s in die Verlängerung.
Basketball: Tyreese Blunt von Crailsheim verwirft drei Freiwürfe und Sieg gegen Alba Berlin
Doch Blunt verwirft den ersten. Er verwirft den zweiten. Und er verwirft auch den dritten!
Der Deutsch-Amerikaner (neun Punkte in der Partie) geht in die Hallen-Ecke, starrt eine Betonwand an. Sekunden später ist seine Mannschaft bei ihm, um ihn zu trösten. Auch Trainer David McCray kommt lächelnd dazu, umarmt ihn, küsst ihn auf den Hals. Große Geste!
Die Alba-Stars jubeln nicht. Fast scheint es ihnen unangenehm, so den Sieg geschafft zu haben.
Der Berliner Matteo Spagnolo: „Drei verpasste Freiwürfe am Ende, so etwas habe ich persönlich noch nie erlebt. Er tut mir leid.“
Und Teamkollege Trevion Williams ergänzt: „Wir können uns bei ihm bedanken, dass er die drei Freiwürfe verpasst hat.“
Dabei sind Freiwürfe die einfachste Übung für einen Basketball-Profi – oder doch nicht?
Mythos Freiwurf
Tatsächlich haben sogar Superstars Probleme mit Freiwürfen. Shaquille O’Neal gilt als einer der größten Basketballer aller Zeiten, doch von der Linie traf er nur ungefähr jeden zweiten Versuch: 52,7 Prozent.
Die Legende der Los Angeles Lakers erklärt es mit dem Druck: „Es gibt einen Unterschied, ob man bei sich zu Hause würfelt oder in einem Casino.“ In der Halle sei es anders als im Training: „Da ist Druck, da werde ich verkrampft.“
Der schlechteste NBA-Profi aller Zeiten von der Linie ist Ben Wallace (50): Er versenkte nur 41,4 Prozent seiner Würfe. Sogar aus dem Spiel heraus traf er besser (47,4 Prozent). Trotzdem wurde er 2021 wegen seiner beeindruckenden Karriere (u.a. NBA-Champion, 4x All-Star) in die Hall of Fame berufen.
Kurios auch die Zitter-Hand von NBA-Superstar Giannis Antetokounmpo (29). Der trifft 70,2 Prozent von der Linie, muss sich aber immer wieder einem ganz besonderen Psycho-Terror stellen, wenn er Freiwürfe nimmt: So zählen die gegnerischen Fans häufig bis 12 und setzen „The Greek Freak“ damit zusätzlich unter Druck.
Unser Größter aller Zeiten hingegen war immer extrem sicher von der Linie. Dirk Nowitzki (46) war mit einer Quote von 87,8 Prozent einer der besten Schützen in der NBA. Er hatte einen besonderen Trick, um sich an der Freiwurf-Linie zu beruhigen: Nowitzki summte “I‘ve been looking for freedom“ von David Hasselhoff vor sich hin.
Nachdem er dies jedoch in einem Interview ausgeplaudert hatte, grölten dies die gegnerischen Fans der Miami Heat in der Finalserie 2006. Nowitzki war davon so irritiert, dass er kurzzeitig seine Sicherheit verlor und mehrere Freiwürfe vergab. Miami gewann nach 0:2-Rückstand noch den Titel.
Nowitzki-Entdecker Holger Geschwinder glaubte an den perfekten Wurf
Nowitzki-Entdecker Holger Geschwindner (79), der Mathe und Physik studiert hat, ist überzeugt davon, dass es den perfekten Wurf gibt: „Ja, natürlich. Beim Abwurf gibt es einige Fixpunkte: Ballgröße, Ringdurchmesser und Ringhöhe sind immer gleich. Rechnet man mit Wurfparabeln herum, stellt man schnell fest, dass ein Spieler unter einem bestimmten Winkel mehr Fehler machen darf und der Ball trotzdem durch den Ring geht“, erklärte er in der Zeitschrift Pro-Physik. „Ich habe dann versucht, diejenige dreigliedrige Armbewegung zu finden, die am meisten Fehler toleriert.“
Den Druck kann aber auch alle Physik nicht vom Schützen nehmen. Bei Crailsheim-Pechvogel Blunt kam noch hinzu, dass Alba-Star Martin Hermannsson (30) vor den Versuchen auf ihn zukam und ihm etwas zuraunte, was beide zum Grinsen brachte.
Ob es deshalb vielleicht zum dreifachen Freiwurf-Aussetzer kam?